Mehr als 60 Tote bei Protesten und Gewalt

Präsident Abiy Ahmed wird im Dezember mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet. Nun sind in Äthiopien Unruhen ausgebrochen, die sich auch gegen ihn richten.
Äthiopien: Unterstützer des Regierungskritikers Jawar Mohammed versammeln sich in Äthiopiens Hauptstadt Addis Abeba vor dessen Haus.
Unterstützer des Regierungskritikers Jawar Mohammed versammeln sich in Äthiopiens Hauptstadt Addis Abeba vor dessen Haus. © AFP/​Getty Images

Bei Protesten gegen den äthiopischen Regierungschef und diesjährigen Friedensnobelpreisträger Abiy Ahmed und gewaltsamen Zusammenstößen zwischen verschiedenen Volksgruppen sind in Äthiopien nach Polizeiangaben mindestens 67 Menschen getötet worden. Etwa 55 Menschen seien bei Kämpfen zwischen Angehörigen verschiedener Ethnien in der Region Oromia seit Mittwoch ums Leben gekommen, sagte der regionale Polizeichef Kefyalew Tefera. Die übrigen Opfer seien von der Polizei getötet worden.

 
 

Die Unruhen waren am Mittwoch in der Hauptstadt Addis Abeba und weiten Teilen der Region Oromia ausgebrochen, nachdem der Abiy-Kritiker und Internetaktivist Jawar Mohammed staatliche Sicherheitskräfte beschuldigt hatte, einen Anschlag auf ihn zu planen. Die Polizei hatte den Vorwurf zurückgewiesen. Aus den Protesten entwickelten sich in der Folge rasch ethnisch und religiös motivierte Unruhen.

Nicht schon immer verfeindet

Sowohl Abiy als auch Jawar gehören der ethnischen Gruppe der Oromo an. Jawar hatte im vergangenen Jahr Proteste unterstützt, die schließlich zum Rücktritt des damaligen Regierungschefs Hailemariam Desalegn führten und Abiy an die Macht brachten. In jüngster Zeit kam es dann zum Zerwürfnis zwischen den beiden Männern.

Jawar warf Abiy, der vor zwei Wochen als Träger des Friedensnobelpreises 2019 verkündet worden war, in einem Interview mit der Nachrichtenagentur AFP am Freitag autoritäre Tendenzen vor. Der Ministerpräsident versuche, seine Kritiker einzuschüchtern, "sogar seine sehr engen Verbündeten, die ihm an die Macht verholfen haben", sagte Jawar. "Einschüchterung ist der Beginn autoritärer Herrschaft," sagte er und teilte auch mit, er erwäge eine Kandidatur gegen Abiy bei der im Mai geplanten Parlamentswahl.

 
 

Seit Abiy im April 2018 an die Regierung kam, brach er mit der autoritären Politik seiner Vorgänger: Der 43-Jährige leitete eine Liberalisierung der Wirtschaft ein, ließ politische Gefangene frei, erlaubte Rebellengruppen die Rückkehr ins Land und ließ Dutzende Vertreter aus Militär und Geheimdienst wegen mutmaßlicher Menschenrechtsverstöße festnehmen. Zudem schloss er mit dem jahrzehntelangen Erzfeind Eritrea ein Friedensabkommen.

Friedensnobelpreis für den Präsidenten

Für die Beendigung des Konflikts mit dem Nachbarland Eritrea und die Reformen in seiner lange autoritär regierten Heimat wird Abiy in diesem Jahr mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet. Der Preis wird am 10. Dezember in Oslo verliehen.

Mit über 100 Millionen Einwohnern ist Äthiopien nach Nigeria das bevölkerungsreichste Land Afrikas. In den vergangenen Jahren ist die Wirtschaft des Landes stark gewachsen.